Der DFB an der Universität zu Köln

Erster DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch spricht vor Kölner Studierenden

Das Sportrecht hat an der Universität zu Köln eine lange Tradition. Es bildet innerhalb der Rechtswissenschaften die vielleicht am stärksten interdisziplinär ausgerichtete Schnittmenge, weil es wesentliche Aspekte von Zivilrecht, öffentlichem Recht und Strafrecht unter dem gemeinsamen Dach des Sports in sich vereinigt. Dabei stellen sich anspruchsvolle Herausforderungen für Theorie und Praxis. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln, die seit jeher gleichermaßen für praxisorientierte Ausbildung und ein großes Spektrum an Lehrangeboten steht, sichert deshalb dem Sportrecht einen festen Platz in ihrem Vorlesungsverzeichnis. Seit einigen Jahren schon ist Dr. Jan F. Orth, LLM (UT), hauptberuflich Richter am Landgericht und ehrenamtlich Richter am Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), federführend in der Lehre dieser Rechtsmaterie. Im Sommersemester bietet er sportrechtliche Seminare an, während im Wintersemester seine Vorlesung im Sportrecht regelmäßig regen Zulauf erfährt.

Die Vorlesung im Sportrecht ist schon lange kein Geheimtipp mehr, und erst recht wird sie über die Grenzen Kölns hinaus wahrgenommen. Auch der DFB hat längst erkannt, dass in Köln so manche Sportjuristin und so mancher Sportjurist ausgebildet werden, mit denen er später im professionellen Umfeld verkehren wird. Natürlich spielt der Fußball im Land des Weltmeisters auch in rechtlicher Hinsicht eine herausragende Rolle und ist daher eine ergiebige Quelle sportrechtlicher Probleme. Gerade das weitreichende Regelwerk des deutschen und internationalen Fußballs führt zu Reibungen mit dem staatlichen Recht, die in Theorie und Praxis kontrovers diskutiert werden – die vom Bundesverfassungsgericht noch immer nicht geklärte Frage der Zulässigkeit eines Stadionverbots auf Verdacht ist dafür nur ein Beispiel von vielen.

Ein anderer Streit kreist um die Frage, ob der DFB im Rahmen seiner grundgesetzlich garantierten Verbandsautonomie die Vereine und Kapitalgesellschaften der Bundesligen für das Verhalten ihrer Fans bestrafen darf, obwohl die Vereine dafür kein Verschulden trifft. Mit hohen Geldstrafen bishin zu Schließungen von Tribünenbereichen reagiert der DFB häufig z.B. auf das Abbrennen von Pyrotechnik in den Fankurven. Die Vereine fühlen sich ungerecht behandelt, weil sie – oft zu Recht – einwenden, dass die selbstverständlich verurteilenswerten Vorfälle von ihnen nicht zu verhindern waren. Ein Verfechter dieser „verschuldensunabhängigen Haftung“ ist Dr. Rainer Koch, Richter am Oberlandesgericht München und Erster Vizepräsident des DFB. Zugleich kennt auch er die ausgezeichnete sportrechtliche Ausbildung an der Universität zu Köln und hat sich daher gerne bereiterklärt, eine Vorlesungseinheit zu diesem – „seinem“ – Thema zu übernehmen.

Bis auf den letzten Platz gefüllt: Hörsaal S21 im Seminargebäude

Am 8. Januar 2015 war es so weit. Rainer Koch betrat gemeinsam mit Jan F. Orth den voll gefüllten Seminarraum S21 und staunte nicht schlecht über die unerwartet hohe Resonanz, die ihm galt. Neben den Studierenden im Sportrecht waren diesmal auch viele andere Fußballinteressierte gekommen, dazu sogar einige Vertreter aus der sportrechtlichen Praxis. Ein intimer Vortrag vor Studierenden sieht sicher anders aus. Doch auch den etwa 70 Zuhörerinnen und Zuhörern, die beileibe nicht alle den Thesen Kochs zustimmten, präsentierte der Erste DFB-Vizepräsident einen brillanten Vortrag mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis. Die Hoffnung, dass der „zweite Mann“ im DFB auch einmal aus dem Nähkästchen plaudern würde, wurde nicht enttäuscht. Nicht nur sein sympathisches Auftreten, sondern auch der von Anfang an mit den Anwesenden gesuchte Dialog sorgten für ein angenehmes und sachliches Diskussionsklima. Überhaupt war bemerkenswert, dass das Auditorium (wie dies häufig der Fall ist) diesmal nicht mit Ende des Vortrags den Saal verließ, sondern eine Diskussion regelrecht einforderte. Die übliche Vorlesungszeit wurde bei weitem überschritten, und doch führten Rainer Koch und seine Mitdiskutanten den Austausch mit Hingabe fort.

Dieses Ergebnis spricht wohl fürs sich und die Qualität der Kölner Sportrechtsvorlesung. Auch wenn am Ende nicht alle Zuhörenden von Koch überzeugt worden sein dürften, so war es doch Konsens im Saal, dass der Gewalt in deutschen Fußballstadien entschieden entgegenzutreten ist. Über die rechtlichen Wege zu diesem Ziel denkt auch der DFB weiterhin intensiv nach. Ihm stehen nun einige weitere kluge Köpfe der Universität zu Köln bei. Vielleicht sind es in Zukunft tatsächlich einmal Kölner Sportrechtler, die so manches Rechtsproblem im Fußball lösen werden.

Neuer Aufsatz: „Von der Strafe zur Maßnahme – ein kurzer Weg!“

Zugleich Besprechung der Entscheidung des Ständigen neutralen Schiedsgerichts in Sachen Dynamo Dresden

Welchen Weg Dynamo Dresden gegen die Entscheidung des Ständigen neutralen Schiedsgerichts in Sachen Ausschluss des Vereins aus dem DFB-Pokal beschreiten kann, wurde – einschließlich der diesbezüglichen Erfolgsaussichten – in einem sehr frühen Beitrag bereits ausführlich besprochen. Mittlerweile liegen die schriftlichen Gründe des Schiedsspruches vor.

Für die kommende Ausgabe der Zeitschrift für Sport und Recht  – SpuRt (Heft 5/2013) habe ich die sorgfältig begründete Entscheidung des Ständigen neutralen Schiedsgerichts ausführlich dargestellt, analysiert und besprochen. Die Entscheidung des Schiedsgerichts war, nicht nur aufgrund der prominenten und fachlich hervorragenden Besetzung auf der Richterbank, in der Rechtswissenschaft und im Sport gleichermaßen mit Spannung erwartet worden. Die Fachwelt erhoffte sich eindeutige und klarstellende Hinweise zur Reichweite der Verbandsautonomie, wobei sich die Frage fall- und anlassbedingt auf den Aspekt kaprizierte, inwieweit die Sportverbände „Sanktionen“ gegen Vereine (als ihre eigenen Mitglieder) aussprechen dürfen, weil ihnen (ohne dass bei den Vereinen notwendigerweise eigenes Verschulden vorliegt) das Verhalten ihrer Anhänger (Fans) über entsprechende Normen des Verbandsrechts zugerechnet wird.

Ob das Schiedsgericht diesen Erwartungen gerecht geworden ist, wie überzeugend die Urteilsbegründung des Schiedsgerichts im Einzelnen ist, welche Kritikpunkte es daran gibt und was die Sportverbände möglicherweise nunmehr in der Zukunft zu beachten und zu tun haben, erläutere ich in einer Abhandlung in der in Kürze erscheinenden Ausgabe der SpuRt. Schließlich wird darin auch zu der Frage Stellung genommen, ob der Ausschluss von Dynamo Dresden insgesamt zu Recht erfolgt ist.

DFB-Pokal: Wie geht es weiter mit Dynamo Dresden? – Eine rechtliche Analyse

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UPDATE: Besprechung der Schiedsgerichtsentscheidung des Ständigen neutralen Schiedsgerichts (15.09.2013)
UPDATE: Siehe auch Anmerkung von Herrn Rechtsanwalt Dr. Tim Bagger zur Entscheidung des OLG Frankfurt in SpuRt 2013, 207. (14.10.2013)

– Zugleich eine Besprechung von OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.06.2013, Az. 26 SchH 6/13 –

Für den Juristen und Sportrechtler ist im Zusammenhang mit der aktuellen Causa Dynamo Dresden eines klar: Spannender als im Moment geht es nicht. Mit den Rechtsfragen, die im Zusammenhang mit dem andauernden Kampf von Dynamo Dresden auf Zulassung zum DFB-Pokal 2013/2014 aufgerufen werden, wird am juristischen Hochreck hantiert. Die Probleme sind schwierig, ihre Lösung ist offen. Auch nach der Entscheidung des OLG Frankfurt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, Dynamo Dresden nicht im Wege der einstweiligen Verfügung in das Losverfahren für die kommende Pokalrunde aufzunehmen (vgl. Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt, Pressemitteilung des DFB), soll nach Aussage des Geschäftsführers von Dynamo Dresden die Sache weiterverfolgt werden. Das OLG Frankfurt wird also auch in der Hauptsache spannende Rechtsprobleme umfassend zu beleuchten haben.

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Neuer Aufsatz: „Sportrecht ist Wirtschaftsrecht“

DC2012-381szeneHier sind ein paar kurze Auszüge und die Gliederung aus meinem aktuellen Aufsatz „Sportrecht ist Wirtschaftsrecht“, der in Kürze in der Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht als Einführungsbeitrag zur Ausgabe mit einem sportrechtlichen Schwerpunkt erscheint. Der Aufsatz führt grundlegend in das Sportrecht ein und beleuchtet dann ein paar aktuelle Fragen aus diesem spannenden und fordernden Rechtsgebiet.

Richter am Landgericht Dr. Jan F. Orth, LL.M. (University of Texas)*

Sportrecht ist Wirtschaftsrecht

1. Einführung und Bedeutung

Sportrecht versteht sich als Querschnittsmaterie.[1] Etwas moderner und neudeutsch gefasst, würde man vielleicht von einer Crossover-Disziplin sprechen. Diese umfasst das von den Sportverbänden im Rahmen ihrer Autonomie gesetzte Recht einerseits und andererseits alle Normen des staatlichen Rechts, die speziell zur Regelung sportspezifischer Sachverhalte geschaffen sind (ausdrücklich z.B. § 6a AMG) oder in ihrer konkreten Anwendung Sachverhalte mit sportrechtlichem Bezug regeln.[2] Letzteres kann im Ausgangspunkt jede Rechtsnorm sein. Hierbei stellt es für den Sportrechtler die entscheidende Herausforderung dar, mit den anerkannten juristischen Methoden die Berücksichtigung der besonderen Spezifika des Sports bei der Subsumtion unter Normen zu erreichen, die teilweise vor Jahrzehnten erlassen wurden, aber bei ihrem Erlass auf alles andere als auf sportliche Sachverhalte zugeschnitten oder für ihre Regelung intendiert waren.

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Anwaltstag 2013 – Kurzstatement zur „strict liability“

DC2012 482

Rote Karte für Fanausschreitungen! Wie geht das in rechtlicher unangreifbarer Weise?

In der Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Anwaltstag 2013 zum Thema Fanausschreitungen – rechtliche Bewertungen und Konsequenzen werde ich im Wesentlichen die nachfolgende Position vertreten, welche hier selbstverständlich nur als sehr verkürzte Vorabinformation dargestellt werden kann. Die rechtlichen Ansatzpunkte sind vielfältig und im Detail schwierig.

Kurzstatement

Die grundrechtlich geschützte Verbandsautonomie nach Art. 9 Abs. 1 des Grundgesetzes gewährt den Sportverbänden ein umfassendes Recht zur Selbstorganisation und -regulation. Dieses Grundrecht ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Unter anderem sind konkurrierende Grundrechtspositionen zu beachten, wie etwa das ebenfalls nach dem Grundgesetz für Strafen vorausgesetzte Schuldprinzip. Soweit Sportverbände echte Strafen verhängen, sind sie im Rahmen ihrer Autonomie wegen des geltenden Schuldprinzips daran gehindert, in ihrem selbst gesetzten Recht vorzusehen, dass Vereine für das (schuldhafte) Verhalten ihrer Anhänger ohne Rücksicht auf eigenes Verschulden haften, soweit dieses Verhalten nicht aufgrund bestehender gesetzlicher Bestimmungen zugerechnet werden kann. An dieser Rechtslage hat sich auch nach der Entscheidung des Ständigen neutralen Schiedsgerichts für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen in Sachen Dynamo Dresden nichts geändert, weil – soweit bislang ersichtlich – dieses eine derartige Haftung nur für solche Fälle goutiert hat, in denen bei der in Rede stehenden Maßnahme der präventive Charakter überwiegt oder dominiert. Zukunftsherausforderung für die Rechtswissenschaft ist es, die trennscharfen Abgrenzungskriterien zwischen präventiven und repressiven Maßnahmen – also zwischen Gefahrenabwehr und Strafe – im Sport genau zu definieren.

Zu Recht? Dynamo Dresden unterliegt vor Schiedsgericht

Der überraschende Gang von Dynamo Dresden vor das Ständige neutrale Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen endete heute mit einem weniger überraschenden Ergebnis. Das hochkarätig besetzte Gericht unter dem Vorsitz von Richter am BVerfG a.D. Prof. Dr. Udo Steiner hat die vorangehenden Urteile des DFB-Sportgerichts und des DFB-Bundesgerichts insgesamt für rechtmäßig und damit jedenfalls teilweise den umstrittenen § 9a der RuVO/DFB für wirksam befunden. Dies hat der DFB heute in einer Pressemitteilung erklärt.

Allerdings ist die „weitreichende grundsätzliche Bedeutung“, die der ebenfalls hoch geschätzte DFB-Vizepräsident RiOLG Dr. Rainer Koch aus dem Richterspruch liest, ohne Vorliegen der schriftlichen Begründung der Entscheidung offensichtlich nicht ohne Weiteres zu entnehmen. Ausweislich der in der Pressemitteilung zitierten Aussage vom Vorsitzenden Prof. Dr. Steiner hat das Ständige neutrale Schiedsgericht gerade nicht „endgültig über seit Jahren streitige Rechtsfragen“ entschieden und „[…] konkret die verschuldensunabhängige Haftung gemäß § 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB“ (so Koch) für rechtmäßig erklärt. Denn Steiner führte – zitiert nach der DFB-Pressemitteilung – aus: „Die Vorschrift […], der das schuldhafte Verhalten der Anhänger dem jeweiligen Verein zurechnet, ist rechtlich nicht zu beanstanden, soweit die Vorschrift Grundlage für Maßnahmen des Verbandes ist, bei denen der präventive Charakter überwiegt oder dominiert. Der Ausschluss von Dynamo Dresden ist eine solche Maßnahme, bei der die Vorbeugung von Störungen des Spielbetriebs ganz im Vordergrund steht.“

Damit steht, jedenfalls auf Basis der Pressemitteilung, fest, dass das Ständige neutrale Schiedsgericht die verschuldensunabhängige Haftung nur dann als rechtmäßig ansieht, wenn sie Basis für präventive Maßnahmen wird, und nicht zur Begründung repressiver Mittel, also Strafen und Sanktionen, herangezogen wird.

Damit bleibt die Diskussion über den Kern der angesprochenen Rechtsfrage (Zulässigkeit von Strafe nach verschuldensunabhängiger Zurechnung fremden Verschuldens) in Wirklichkeit auch nach dieser Entscheidung offen und spannend. Die schriftliche Urteilsbegründung bleibt in jedem Fall abzuwarten; sie dürfte von den Sportrechtlern in Deutschland mit großer Neugier erwartet werden. Das bereits angekündigte Streitgespräch am 07.06.2013 auf dem Deutschen Anwaltstag in Düsseldorf ist also um einen weiteren spannenden Gesichtspunkt reicher.